Ins Netz gegangen

Andrea Raak zeigt „CIRCULAR ART – Bewegt“

ab dem 21. März in der Färberei

WOGA, Wuppertaler offene Galerien und Ateliers, irgendwann vor ein paar Jahren. Ich besuche zum ersten Mal das Atelier von Andrea Raak und höre sofort gespannt zu. Sie macht Kunst aus Verpackungsnetzen und sagt, dass die Netze nicht recycelt, sondern verbrannt werden. Daraufhin habe ich diese Verpackungen, die nicht einmal in der gelben Tonne entsorgt werden dürfen, zu einem der Höhepunkte der Umweltverschmutzung erklärt. Alle in meinem Umfeld bekommen ein Impulsreferat zum Thema Gemüsenetze zu hören, wenn sie Orangen oder Zwiebeln darin kaufen.  

 

Als ich Andrea Raak nun zum zweiten Mal besuche, erklärt sie noch viel mehr zu den Verpackungsnetzen – vor allem aber zu ihrer Kunst. Das Netz steht für Vernetzung, Zusammenhalt. Ein globales, internationales Thema: „Auch Menschen in Asien erkennen dieses Material“, erklärt die Künstlerin. Es sind Gegenstände, die wir fast täglich in der Hand haben, durch die wir den Zustand von Obst und Gemüse einschätzen. Die zu Müll werden, nachdem wir sie aufgerissen oder -geschnitten haben.  

 

Doch Andrea Raak kann mir auch eine ganz andere Seite der Netze aufzeigen: ihre Ästhetik. Aus der „Annahmestelle Gemüsenetze“ fischt die Wuppertalerin zwei Exemplare, ein auberginefarbenes und ein gelbes, die sich jeweils ganz unterschiedlich verhalten. „Manche sind eigenwilliger“, sagt die Künstlerin und legt das auberginefarbene Netz mit zwei geübten Handgriffen in Form. Es würde sich gut für ihre Drucke eignen, mit denen sie ihre Arbeit mit diesem Material erst kürzlich um das Grafische erweitert hat. Begonnen hat sie vor 20 Jahren mit dem Sammeln der Netze – und seit zehn Jahren macht Andrea Raak Figuren, Skulpturen und Installationen mit ihnen. Immer ohne Kleber oder formgebende Materialien, mit mehr oder weniger Netzen, jenen mit Spannung und solchen ohne, mit den harten und den flexibleren Modellen. Es entstehen Figuren und Formen, die an das Meer, an die Unterwasserwelt denken lassen. Auch die Drucke wirken maritim, vertraut und doch anders, als wir die Netze gewöhnlich einordnen. Die Deutung will Andrea Raak gänzlich offenlassen: „Kunst gibt keine Antworten, aber regt im besten Falle dazu an, Fragen zu stellen.“ 

 

Auf die Färberei als Ausstellungsort freut sich die Künstlerin sehr: Weil sie ein Ort der Kommunikation, der Vernetzung ist. Und weil ihre Drucke, die Fotos der Figuren sowie die Installationen dann unter anderem im Café hängen werden, wo das Gastro-Team beim Kochen und Backen sicher nicht um die Netze herumkommt. 

 

Andrea Raak bietet Zitronentee an, gleich sind wir wieder beim Thema Müll und Umweltschutz. Denn obwohl sie aktiv danach sucht, klappt es nicht immer, lose Zitronen zu kaufen. Allzu oft bieten Supermärkte sie in den meist gelben Netzen an – sogar die Bio-Produkte. Andrea Raak hat recherchiert, ob es nicht doch Recycling-Möglichkeiten gibt – bisher wurde sie nicht fündig. Aber sie sucht weiter. Außerdem verwendet sie Materialkombinationen, die sich leicht in ihre Bestandteile zerlegen lassen. „Weil Circular Art ein Kreislauf ist und die performative Dekonstruktion die Kunst wieder in Material verwandelt.“ 

  

Es sind viele Überlegungen, die sich an die Arbeit mit den Netzen anschließen – und die Künstlerin ist noch lange nicht fertig, sie hat noch viele Ideen in petto, sagt sie. Seit ich das erste Mal von Andrea Raak gehört habe, was die Netze alles können (ergiebiges Material für Kunst sein) und was nicht so wirklich (recycelt werden), bin ich gespannt, weitere Perspektiven auf die Ästhetik dieser Verpackungen zu erhalten. 

 

Eine Auswahl von dem, was bereits da ist, gibt es mit der Vernissage von „CIRCULAR ART – Bewegt“ am Freitag, 21. März, um 18 Uhr und dann bis zum 4. Mai zu den Öffnungszeiten der Färberei zu sehen.

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Gemüsenetz vor Schwebebahn
Foto: Ralf Silberkuhl