Ausstellung Embassy of Oberbarmen

Die Angst abgeben, bevor sie in falsche Hände gerät

Prson guckt auf Bilder
Foto: Daniela Raimund

„Was verwandelst du?“ – „Was verwandelt dich?“ 

„Was bewegt dich?“ – „Was bewegst du?“ 

„Wer kümmert sich?“ – „Was bekümmert dich?“ 

 

Diese Fragen, so leicht sie sind und so schwer sie wiegen, stellt schon seit elf Jahren das Team der Mobilen Oase: Sie ist die Botschaft von Oberbarmen in Oberbarmen und damit eine Institution geworden, gibt jenen eine Stimme, die sonst nicht gehört werden. Sie macht die wichtigsten Fragen zugänglich, indem die Künstler*innengruppe sie unter Fransenschirmen, auf Baumstümpfen, in Forschungskitteln und beim Almauftrieb stellt. Humor, Leichtigkeit, Absurdität machen schwere Themen vielleicht erst erträglich. 

 

Elf Jahre der Intervention, des Abenteuers, der Unterbrechung und der Störung versammelt nun die Ausstellung „Embassy of Oberbarmen“, die bis Mitte Januar in der Färberei zu sehen ist. Roland Brus berichtet von den Anfängen, die in kleinen Fotos abgebildet sind: Es ging an der Tütersburg mit einer Oase in der „Wüste“ Oberbarmens los. Ein ehemaliges Küchenstudio wird zum Ort des Austauschs und der Begegnung, wo in Liegestühlen mit den Füßen im Sand verhandelt wurde, wie das Leben auch aussehen könnte. Schon hier drangen die Worte und Erzählungen der Menschen in der Oase raus auf die Straße, natürlich über Lautsprecher, schon hier wurde das Private öffentlich und das Öffentliche privat.  

 

Der Austausch, die Kontaktaufnahme bleiben nach dem Umzug in die Färberei Motiv der Künstler*innen, aber auch die Zuflucht, die Perspektive: In der Embassy of Oberbarmen werden Visa ausgestellt, gekommen um zu bleiben. Die Augenblicke, die Augen, die blicken, sind Konktaktbögen und jetzt im Flur der Färberei zu sehen. Es sind Ausschnitte der Bilder, mit der die Oase die Plakate der Politiker*innen (jeweils nach der Bundestagswahl) überklebt hat, um die Bürger*innen des Wuppertaler Ostens sichtbar zu machen. „Alle Macht der Bevölkerung“, Roland Brus nennt den Titel und fügt hinzu: „Die Oberbarmer*innen sind da, sie sind anwesend.“ Die Kontaktbögen sind damit auch eine Metapher für die Arbeitsweise der Oase: Schon in den Anfängen ist alles zu sehen, was später direkt an der Berliner Straße zu sehen sein wird, die kurzen und langen Begegnungen, Unterbrechungen, das Einmischen und das Zuhören. Davon zeugen auch die zahlreichen, mitunter schrägen Filme, die im Café laufen: Über einen Bildschirmt und mit Kopfhörern können Neugierige in sie eintauchen. 

 

Die Vernissage am 15. November war ein Wiedersehen all jener, die die Oase seit ihren Anfängen begleiten, und wie bei den Interventionen in Oberbarmen ist hier in der Färberei überall etwas zu entdecken, was die Ausstellung zur Botschaft und sogar selbst zur Oase macht: Es gibt „Erste Hilfe in hysterischen Zeiten“, natürlich die berühmten Fransenschirme, großformatige Fotos, Installationen, Videos und Projektionen im Schaufenster zu entdecken, in denen die vielen Erlebnisse festgehalten sind. Im Vordergrund immer die Menschen, die ihre Geschichten erzählen und ihre Gesichter zeigen, die „Schicksal haben“ und doch für andere kochen, die ihre Angst dem Oasen-Team geben, bevor sie in falsche Hände gerät. „Das ist vielleicht wichtiger denn je“, sagt Roland Brus gedankenversunken – und es ist ihm anzumerken, dass er es ernst meint. 

 

Die Ausstellung ist bis zum 11. Januar 2025 zu den Öffnungszeiten der Färberei zu sehen. Roland Brus kann sich außerdem vorstellen, mit kleineren Gruppen eine Führung durch die Ausstellung zu machen. Interessierte können eine Mail schreiben an: roland.brus@web.de  

 

Die Akteur*innen der Gruppe unter der künstlerischen Leitung von Roland Brus kommen aus verschiedenen Sparten: Theater, Regie, Schauspiel, Performance, Bildende Kunst, Video/Film, Fotografie. Sie verstehen sich als Forscher*innen, Spurensucher*innen, Raumforscher*innen, Transformator*innen, Stadtschreiber, etc.  Mitglieder der Gruppe sind Daniela Raimund, Olaf Reitz, Uwe Schorn, Gisela Kettner, Goran Milovanic, Xana Duarte, Tim Schoger, Abdulrahman Alasaad, Kenan Abdrabouh, Anja Dreier sowie weitere Kolleg*innen, die immer wieder temporär bei Aktionen hinzukommen.   

>> hier findest Du weitere Informationen über transit_oberbarmen, ein Projekt der Färberei in Kooperation mit der Mobilen Oase

>> hier findest Du ein kurzes Video von der Auftaktveranstaltung mit ersten Impressionen

>> hier geht’s zurück zur Homepage der Färberei

Frau und Mann stehen auf einer Leiter und hängen Bilder auf.
Foto: Daniela Raimund
Foto: Stefan Fries
Zwei Personen gucken auf Fernseher
Foto: Daniela Raimund
Foto: Stefan Fries
Foto: Stefan Fries
Foto: Stefan Fries
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